Spiritualität

Jeder Mensch hat Sehnsucht nach Heil, nach Vollendung, die Sehnsucht nach Gott und nach einem erfüllten Leben. Die christliche Botschaft sollte eine Botschaft der Hoffnung und Freude sein, weil Jesus auferstanden ist. Ich möchte deshalb lebendig halten, was der Gott der Christen uns Menschen heute in unserem Alltag und zu unseren Sehnsüchten zu sagen hat.

Ich will dabei aus dem Glauben heraus sprechen. Einem Glauben, der mir selber Hoffnung gibt und Lebensorientierung, der mich tröstet, ermutigt und inspiriert. Ich bin davon überzeugt, dass dieser Glaube auch anderen Menschen helfen kann.

Tischner’s ausgesuchte Gedanken

Über mich selbst

  1. Manchmal muss ich darüber lachen, dass ich zuerst ein Mensch bin, dann Philosoph, dann lange, lange nichts und erst dann Priester.
  2. Ich möchte als jemand bertachtet werden, der eine bestimmte Denkart anbietet. Ich hätte es sogar lieber, in erster Linie als Denker angesehen zu werden und erst an zweiter Stelle als Priester, Geistlicher, der ein Opfer darbringt. Ich möchte vor allem den breiten Horizont des christlichen Denkens vertreten.
  3. Wenn ich meine Arbeit als Priester und Philosoph betrachte, dann ertappe ich mich dabei, dass ich in diesen vielen Jahren hauptsächlich an der menschlichen Hoffnung gearbeitet habe. An der Liebe anderer arbeitet der Mensch nicht, denn jeder muss selber an seiner Liebe arbeiten. Ehrlich gesagt, hat es ebenfalls wenig Sinn, am Glauben zu arbeiten, denn es ist Gottes Gnade: entweder man hat sie, oder – leider – nicht. An der menschlichen Hoffnung muss man hingegen vom Kindergarten an über die Schule bis hin zum Erwachsensein in verschiedenen Lebenssituationen immer arbeiten.
  4. Die Welt gefällt mir zu gut, als dass ich sie verändern möchte. Ich bin wie ein Arzt, der anstatt eine Krankheit zu heilen, seine Doktorarbeit über diese Krankheit schreibt.

Vom Glauben und Unglauben 

  1. Der Glaube ist im Grunde genommen eine traurige Notwendigkeit. Könnten wir über Wissen verfügen, bräuchten wir keinen Glauben. Das Problem liegt darin, dass wir kein Wissen erwerben können. Es gibt Dinge, die die Möglichkeiten des menschlichen Verstandes übersteigen. Es gibt Licht, das blendet. So ist es mit Gott.
  2. Es gibt zwei Wege, sich für Gott zu öffnen: Die einen brauchen dafür ein Unglück, die anderen – im Gegenteil – den Geschmack des Glücks. Die ersten suchen Gott, damit er sie aus ihrem Unglück errettet, die anderen – um ihn zu loben, und ihre Dankbarkeit für die Gabe des Daseins zum Ausdruck zu bringen. Die große Theologie wächst aus dem zweiten Motiv heraus sie ist eine Theologie der Dankbarkeit.
  3. Gott ist wie Musik, die dich zum Tanz einlädt. Du musst niemals – du kannst immer. Wenn du jedoch kannst, weißt, dass du kannst – dann wählst du und beginnst zu verstehen. Das Christentum sagt deutlich: Suche Gott in dir selbst. Er ist wirklich dort!
  4. Die Seele ist eine Dimension, die die Stimme Gottes empfängt und zum Echo verwandelt.

Der Mensch und seine Hoffnung

  1. Wir müssen jetzt den Menschen besser, tiefer verstehen, nicht nur, weil er weiterhin ein unergründliches Geheimnis ist, sondern ebenfalls deshalb, damit die Welt, in der der Mensch lebt, nicht eines schönen Tages explodiert.
  2. Sogar wenn „der Mensch tot ist“, wie manche Strukturalisten behaupten, so bedeutet es, dass er existierte, und wenn er existierte, dann bedeutet es, dass er wieder neu geboren werden kann.
  3. Der Mensch ist ein solcher Baum, der das Gute in sich spürt, deshalb will er keine schlechten Früchte tragen.
  4. Wir müssen in diesem Leben vieles tun. Aber wir müssen nichts Böses tun. Selbst wenn uns eine Macht, eine Angst, dazu treibt, Böses zu tun, dann kann sie uns nicht dazu zwingen, dieses Böse zu wollen. Umso weniger kann sie uns dazu zwingen, beim Wollen des Bösen zu verharren. In jedem Moment können wir uns über unsere bösen Gedanken erheben und alles neu beginnen.

© ZNAK, Kraków

Józef Tischner

Józef Tischner (1931-2000) – kath. Priester und Philosoph von internationalem Ruf. Professor an der Päpstlichen Theologischen Akademie in Krakau. Mitbegründer und langjähriger Präsident des Internationalen Instituts für die Wissensschaften vom Menschen (IWM) in Wien. Ausgezeichnet mit der höchsten staatlichen Auszeichnung Polens, dem Weißen Adler.

Von ihm habe ich sehr viel gelernt, wovon ich bis heute als Pfarrer, Seelsorger und bescheidener, angehender Theologe weiterhin profitiere.

Worte der Klugheit

Ein Tag ohne Gebet ist wie ein Himmel ohne Sonne, wie ein Garten ohne Blumen.

Nur für heute

Nur für heute will ich versuchen, diesen einen Tag zu leben – nicht mein ganzes Lebensproblem auf einmal anzupacken. Ich kann jetzt etwas tun, vor dem ich zurückschrecken würde, wenn ich das Gefühl hätte, ich müßte es mein ganzes Leben lang durchhalten.

Nur für heute will ich versuchen, glücklich zu sein, indem ich mir klarmache, daß mein Glück nicht davon abhängt, was andere tun oder sagen oder was um mich herum geschieht. Glück stellt sich ein, wenn ich mit mir in Frieden lebe.

Nur für heute will ich versuchen, mich auf das auszurichten, was ist – nicht erzwingen, daß sich alles nach meinen Wünschen richtet. Ich will meine Familie, meine Freunde, meine Arbeit und meine Lebensumstände so annehmen wie sie kommen.

Nur für heute will ich auf meine körperliche Gesundheit achten, ich will meine Verstandeskräfte üben, ich will etwas Spirituelles lesen.

Nur für heute will ich jemandem etwas Gutes tun, ohne dabei entdeckt zu werden – wenn jemand davon erfährt, zählt es nicht. Ich werde mindestens eine Sache tun, die ich nicht gerne tue, und ich will meinem Nächsten einen kleinen Liebesdienst erweisen.

Nur für heute will ich mir ein Programm machen. Ich will es machen, auch wenn ich es vielleicht nicht ganze genau befolge. Vor zwei Plagen will ich mich retten: Hast und Unentschlossenheit.

Nur für heute will ich aufhören zu sagen: „Wenn ich Zeit hätte“. Ich werde nie für etwas „Zeit finden“, wenn ich Zeit haben will, muß ich sie mir nehmen.

Nur für heute will ich in Stille meditieren – mich dabei auf Gott, wie ich ihn verstehe, auf mich selbst und auf meinen Nächsten besinne. Ich will mich entspannen und nach Wahrheit suchen.

Nur für heute will ich keine Angst haben. Insbesondere werde ich mich nicht davor fürchten, glücklich zu sein – und mich an den guten, schönen und liebenswerten Dingen im Leben erfreuen.

Nur für heute will ich mich annehmen und nach meinen besten Kräften leben.

Die Milde ist unsere Stärke. Sie löst alle Schwierigkeiten und beseitigt jedes Hindernis.

Johannes XXIII

Angelo Giuseppe Roncalli wurde am 25. November 1881 in Sotto il Monte bei Bergamo in der Lombardei geboren. Am 28.10.1958 wurde er zum Papst gewählt und wählte den Namen Johannes XXIII. Papst Johannes starb am 3. Juni 1963 noch während des von ihm einberufenen II. Vatikanischen Konzils. Im September 2000 wurde er von Papst Johannes Paul II. selig gesprochen.

Sprüche und Zitate

Leiden aus Liebe zu Gott ist besser als Wunder wirken.
In allen Nöten gibt es kein besseres
und sichereres Mittel als das Gebet.
Die guten Werke werden nicht anders als aus
der Kraft, die einem von Gott kommt, getan.
Gott führt doch einen jeden von uns auf einem anderen Wege;
denn es findet sich kaum ein Charakter, der auch nur zur
Hälfte dem eines anderen gleicht.

Die mystische Weisheit nämlich, die sich der Liebe
verdankt, braucht nicht bis ins Einzelne verstanden zu werden,
um im Menschen Liebe und Zuneigung zu bewirken;
denn sie ist nach Art des Glaubens beschaffen,
mit dem wir Gott lieben, ohne ihn zu verstehen.
Die Berge haben Höhen, im Überfluss reich sind sie,
weit, schön, voller Reiz, blumenübersät und von Duft erfüllt.
Diese Berge – das ist mein Geliebter für mich.
Denn die guten Werke werden nicht anders
als aus der Kraft, die einem von Gott kommt, getan.

Indem ich meine Gedanken positiv fülle,
fallen die negativen Gedanken ab.
Im Leiden erfährt der Mensch Gottes Kraft,
im Handeln baut er zu sehr auf sich und wird schwach.
Im Leiden wird er geläutert und daher weise und besonnen.
Am Abend unseres Lebens werden wir
von der Liebe gerichtet werden.

Zwischen Trockenheit und Lauheit besteht ein großer Unterschied.
Bei Lauheit gibt es im Empfindungsvermögen und im Gemüt große
Nachgiebigkeit und Unentschlossenheit, ohne die Besorgnis, ob man Gott dient;
wenn es sich jedoch einzig um die läuternde Trockenheit handelt, bringt diese
dauernd Kummer und die schmerzliche Sorge mit sich, Gott nicht zu dienen.
O göttliches Leben, niemals tötest du,
außer um Leben zu geben,
so wie du niemals verwundest,
außer um zu heilen.
Der Mensch verspürt in Gott genau soviel Sanftheit und Liebe
wie Macht und Herrschaft und Größe, denn in ihm ist alles eins.
Insofern der Mensch von seinen sinnenhaften Neigungen
und Bestrebungen geläutert wird, erlangt er schließlich
auch die Freiheit des Geistes, in der nach und nach die
zwölf Früchte des Heiligen Geistes eingebracht werden.
Willst du alles genießen, dann suche in nichts den Genuss.
Willst du alles besitzen, dann nenne nichts dein eigen.
Willst du groß werden, dann suche, nichts zu sein.
Willst du alles wissen, dann suche, in nichts etwas zu wissen.
Willst du zu dem kommen, wonach du dich sehnst, dann geh dorthin, wo du keinen Genuss findest.
Willst du erfahren, was du nicht weißt, dann geh dorthin, wo du unwissend bist.
Willst du erlangen, was du nicht besitzt, dann geh dorthin, wo dir alles fehlt.
Willst du werden, was du nicht bist, dann geh dorthin, wo du nichts bist.
Suche in deinem Herzen den Frieden zu wahren!
Kein Vorfall dieser Welt soll es beunruhigen.
Denke, dass alles ein Ende nehmen muss.
Die Kraft der Seele wächst und festigt sich in dem Maße, als man die Beschwerden mit Geduld erträgt.
Ein Wort hat der ewige Vater gesprochen und dieses Wort war sein Sohn;
und Er spricht es zu uns im ewigen Schweigen.
Und im Schweigen soll die Seele dieses Wort vernehmen.

Johannes vom Kreuz

Johannes (Juan de Yepes) wurde 1542 in Fontivera (Provinz Avila, Spanien) geboren. Nach dem Tod seines Vaters zog seine Mutter mit ihren drei Kindern nach Medina del Campo, wo Johannes bei den Jesuiten in die Schule ging, nebenbei aber im Krankenhaus arbeitete, um seinen Unterhalt zu verdienen. 1563 trat er in das dortige Karmelitenkloster ein, studierte dann Philosophie und Theologie in Salamanca. 1568 begegnete er der hl. Theresia von Avila, die glücklich war, in ihm einen hervorragenden Mitarbeiter für die Reform des Karmel gefunden zu haben. Die Reformarbeit brachte ihm Leiden und Verfolgungen ein; er wurde sogar eingesperrt und geschlagen. Seine geistlichen Schriften gehören zur großen Literatur. Von seinen Oberen nicht verstanden und schlecht behandelt, starb Johannes am 14. Dezember 1591 in Ubeda. Er wurde 1726 heilig gesprochen und 1926 zum Kirchenlehrer erhoben.

Edith Steins Perlen der Weisheit

Mein Leben beginnt jeden Morgen neu und endet jeden Abend; Pläne und Absichten darüber hinaus habe ich keine; d.h., es kann natürlich zum Tagewerk gehören, vorauszudenken, aber eine >Sorge< für den kommenden Tag darf es nie sein.
(B. I. 55)

In der Zeit unmittelbar vor und noch eine ganze Weile nach meiner Konversion habe ich nämlich gemeint, ein religiöses Leben führen heiße alles Irdische aufgeben und nur im Gedanken an göttliche Dinge leben. Allmählich habe ich aber einsehen gelernt, daß in dieser Welt anderes von uns verlangt wird und daß selbst im beschaulichsten Leben die Verbindung mit der Welt nicht durchschnitten werden darf; ich glaube sogar: je tiefer jemand in Gott hineingezogen wird, desto mehr muß er auch in diesem Sinn aus sich herausgehen, d.h. in die Welt hinein, um das göttliche Leben in sie hineinzutragen.
(B. I. 54)

Was Gott von Dir will, das mußt Du schon Auge in Auge mit ihm zu erfahren suchen.

(B. I. 100)

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Nur Gott kann eines Menschen Hingabe ganz empfangen und so empfangen, daß der Mensch seine Seele nicht verliert, sondern gewinnt. Und nur Gott kann sich selbst einem Menschen so schenken, daß er dessen ganzes Wesen ausfüllt und dabei von sich nichts verliert.
(F. 11)
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Es muß ja so sein, daß man sich ohne jede menschliche Sicherung ganz in Gottes Hände legt, um so tiefer und schöner ist dann die Geborgenheit.
(B. II. 102)
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Es hat mir immer sehr fern gelegen zu denken, daß Gottes Barmherzigkeit sich an die Grenzen der sichtbaren Kirche binde. Gott ist die Wahrheit. Wer die Wahrheit sucht, der sucht Gott, ob es ihm klar ist oder nicht.
(B. II. 102)
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Gott in freier Liebeshingabe anzugehören und zu dienen, das ist nicht nur der Beruf einiger Auserwählter, sondern jedes Christen: ob geweiht oder ungeweiht, ob Mann oder Frau – zur Nachfolge Christi ist ein jeder berufen.
(F. 43)

Schiffe straucheln an Felsen, menschliche Beziehungen oft an Kieselsteinen

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Edith Stein

Edith Stein, geboren 1891 in Breslau, gehört zu den herausragenden Frauengestalten des 20. Jahrhunderts. Sie studierte Philosophie, promovierte, arbeitete als Husserls wissenschaftliche Assistentin. Als Jüdin 1922 konvertierte sie zum katholischen Glauben. Bis zum Berufsverbot 1933 arbeitete sie als Lehrerin in Speyer und Dozentin in Münster. 1933 trat sie als Schwester Teresia Benedikta vom Kreuz in den Kölner Karmel ein. 1942 wurde sie als Opfer der Shoah in Auschwitz-Birkenau ermordet. 1987 selig-, 1998 heiliggesprochen.
Seit einigen Jahren beschäftige ich mich mit Edith Stein. Ich habe meine Diplomarbeit über Edith Stein geschrieben: „Edith Stein – Inspiration, Problem und Herausforderung zum Dialog und zur Versöhnung zwischen Christen und Juden”.