Ein Psalm Davids

Herr,
ich bitte um die Erlaubnis,
vor deinem Altar tanzen zu dürfen.
Der Pfarrer steht auf dem Standpunkt,
ein solches Unterfangen sei töricht
und mit der Würde
des Gotteshauses unvereinbar.
Vielleicht ist er unmusikalisch.
Oder schwermütig.
Ich dagegen habe die Absicht,
mich in angemessener Weise
des Lebens zu freuen,
das du mir geschenkt hast.
Sollte es allerdings so sein,
daß alles eine ernste Sache ist,
dann bitte ich um Entschuldigung
und gelobe, in Zukunft
mit Trauermiene herumzulaufen
und deinen Namen nur noch
im Flüsterton auszusprechen.

Lässliche Sünden

Dreimal beim Beten
unandächtig gewesen.
Am Freitag Fleisch gegessen.
Unkeusche Gedanken gehabt.
Den Gottesdienst geschwänzt.
Einmal mit Achtzig durch die Ortschaft.
Den Wirt um zwei Pils betrogen.
Unser Gewissen
reicht für den Hausgebrauch.
Die Kleinigkeiten sind es,
die uns beunruhigen.
Das schlägt auf den Magen.
Das verdirbt den Appetit.
Wir streichen
die Schreckensworte aus dem Duden.
Wir reißen
einige Seiten aus dem Erdkundebuch.
Wir pflanzen
Heckenrosen und Stacheldraht.
Wir lassen Gras darüber wachsen.
Wir stellen die Schelle ab.
Langsam igeln wir uns ein
mit unseren unkeuschen Gedanken,
mit Kabelfernsehen
und zwei Pils im Kühlschrank.
Vater, vergib uns nicht,
denn wir wissen nur zu gut,
was wir tun.

New York – Ninive

Vor NewYork
habe ich keine Angst, Herr.
Aber ich weiß,
du willst mich
nach Ninive schicken,
in das kleine Dorf im Sauerland,
wo sie dich seit Jahrhunderten
treu und brav verehren ..
Ausgerechnet dorthin,
wo die Nachbarn tuscheln,
wenn meine Freundin kommt,
wo sie Türken nicht leiden können
und Homosexuellen
die Fenster einschlagen.
Es ist so aussichtslos.
Nimm das Ticket zurück!
Ich habe einen Fisch verschluckt
und kann ihn nicht verdauen.